Der vagierende Dichter Casimir Ulrich Boehlendorff zwischen Kurland und Deutschland
- patricijaimsa
- 8. Mai
- 3 Min. Lesezeit

Im Jahre 2025 gedenkt die Lettische Nationalbibliothek den 250. Geburtstag und den 200. Todestag des Dichters Casimir Ulrich Boehlendorff (16. Mai 1775 – 10. April 1825).
Aus diesem Anlaß wird im Rahmen des Projekts »Book and Society in Latvia: European Dimension and Cultural Transformations« (LZP-2023/1-0263) eine internationale Konferenz veranstaltet, die vom 14. bis 16. Mai in der Lettischen Nationalbibliothek stattfinden wird. Die Konferenz wird in deutscher Sprache abgehalten.
Der kurländische Dichter Casimir Ulrich Boehlendorff, der als Student in Jena die »Gesellschaft freier Männer« im Gefolge Johann Gottlieb Fichtes mitbegründet hatte, war ein Herzensfreund von Friedrich Hölderlin. »Ich brauche Deine reinen Töne« und »Wir haben ein Schicksal«, schrieb der Verfasser des Hyperion an Boehlendorff, der mit ihm den noch heiteren Frühling des Jahres 1799 in Homburg vor der Höhe verlebt hatte, dann aber notgedrungen weiterziehen musste. Nach einem Intermezzo in Berlin kehrte Boehlendorff ins heimatliche Baltikum zurück, das er zwei Jahrzehnte lang ruhe- und mittellos durchstrich. Da diesem vagierenden Dichter auf Erden so wenig zu helfen war wie seinem Landsmann Lenz eine Generation zuvor, setzte eine Pistolenkugel seiner »Straßenlektür« ein Ende.
»Was weiß man von Boehlendorff?«, lautet die Frage, mit der Johannes Bobrowski 1965 seine Erzählung über diesen randständigen Literaten eröffnete, der längst aus dem Blickfeld der Germanistik entschwunden war. Gerhard und Christa Wolf versuchten in der Folge vergeblich, Boehlendorffs Werke zusammentragen, was erst Frieder Schellhase gelang, der nach langjährigen Forschungen im Jahr 2000 die von den Zeitläuften weit verstreuten Gedichte, Dramen und Briefe in drei Foliobänden veröffentlichte. Seitdem kann man der Aufforderung von Robert Habeck nachkommen, der bereits 1997 postuliert hatte, dass der »von der Wissenschaft unter Boehlendorffs Schaffen gezogene Schlußstrich wieder zu tilgen« sei.
Die Konferenz bringt Forscher und Forscehrinnen aus Riga, Tartu und Tallinn mit den deutschen Kollegen und Kolleginnen zusammen - Literaturwissenschaftler und Historiker aus Berlin, Zürich, Hildeshiem, Jena, Kiel, Leipzig, Mainz, Marburg, Potsdam.
Die Konferenz wird von einer Kabinettausstellung in dem Raum für Raritäten begleitet. In der Ausstellung werden Bücher und Manuskripte Boehlendorffs gezeigt.
Konferenzprogramm:
Der vagierende Dichter Casimir Ulrich Boehlendorff
zwischen Kurland und Deutschland
250 Jahre nach Boehlendorffs Geburt (16. Mai 1775)
200 Jahre nach Boehlendorffs Tod (10. April 1825)
Lettische Nationalbibliothek, Riga
14.–17. Mai 2025
Konferenz organisiert von der Lettischen Nationalbibliothek
in Zusammenarbeit mit der Universität Lettlands, der Universität Tartu und der Universität Potsdam
Mittwoch, 14. Mai
14.00
Eröffnung
14.30—16.00
Moderiert von Māra Grudule
Jānis Krēsliņš, Stockholm/Riga: Abendrot ohne Sonnenstrahlen oder Morgenrot? Boehlendorff und der Osthimmel
Raivis Bičevskis, Riga: Was heißt Freiheit? Marginalien zum nichtmarginalen Thema: Boehlendorff, Hölderlin, Heidegger
16.00—16.30
Kaffeepause
16.30—17.30
Moderiert von Liina Lukas
Iwan Michelangelo D’Aprile, Potsdam: Politische Zeitgeschichtsschreibung und revolutionäre Zeitpolitik. Geist und Geschichte in Boehlendorffs Schrift zur Helvetischen Revolution (1798)
17:30
Glas Wein & Führung durch die Boehlendorff-Ausstellung (kuratiert von Beata Paškevica)
Donnerstag, 15. Mai
09.30—11.00
Moderiert von Albert Meier
Jochen Strobel, Marburg: Boehlendorff – ein ‚Romantiker‘?
Jaan Undusk, Tallinn: Eine Reise ins Innere der Seelenlandschaft: „Abentheuerliche Briefe“ als radikaler Beitrag zur deutschen Frühromantik
11.00—11.30
Kaffeepause
11.30—13.00
Moderiert von Jochen Strobel
Burkhard Moennighoff, Hildesheim: Sänger und Gesang bei Casimir Ulrich Boehlendorff
Anett Lütteken, Zürich/Bern: „Doch ach! Mein Schifflein sinkt...“ ⎼ Beobachtungen zu einigen im Freundeskreis Boehlendorffs kursierenden Gedichten
13.00—14.30
Mittagspause
14.30—16.00
Moderiert von Iwan Michelangelo D’Aprile
Stefan Gerber, Jena: Boehlendorffs Studienzeit in Jena
Albert Meier, Kiel: Poetik in Idyllenform. Boehlendorffs 'Fernando' als praktizierte Kunstreligion
16.00—16.30
Kaffeepause
16.30—18.00
Moderiert von Anett Lütteken
Kairit Kaur, Tartu: Boehlendorffs Naturlyrik im „Puff- und Modejournal eines Unschuldigen“ vor dem Hintergrund der deutschbaltischen Naturdichtung
Aija Taimiņa, Riga: Ossianismus und Gartenkunst der Zeit Boehlendorffs in Kurland: Park am Schloss Remten (ca 1806)
Freitag, 16. Mai
09.30—11.00
Moderiert von Andreas Degen
Dirk Sangmeister, Jena: Der Dichter und sein Richter: Boehlendorff vs. Merkel
Aiga Šemeta, Riga/Berlin: Ein Hofmeister ohne Landkarte. Boehlendorffs pädagogische Methoden und Mittel im kurländischen Angern
11.00—11.30
Kaffeepause
11.30—13.00
Moderiert von Jaan Undusk
Julija Boguna, Mainz: Boehlendorff, in Lettische übersetzt: Ein translationshistorischer Baustein für die lettische Literaturgeschichte?
Māra Grudule, Riga: Boehlendorffs Rezeption im lettischen Kulturraum
13.00—14.30
Mittagspause
14.30—16.00
Moderiert von Raivis Bičevskis
Liina Lukas, Tartu: „So wollen wir leben und reisen!“ (C. U. Boehlendorff). Werstphäle. Zwei Wanderungen aus Tartu nach Riga: Casimir Ulrich Boehlendorff (1812) und Kristian Jaak Peterson (1819 und 1820)
Tiina Erika Friedenthal, Tartu: Hermann Leopold (von) Boehlendorff als Professor der praktischen Theologie an der Universität Dorpat
16.00—16.30
Kaffeepause
16.30—18.00
Moderiert von Beata Paškevica
Andreas Degen, Potsdam: Gerhard Wolfs Vorarbeiten zu einer Boehlendorff-Edition
Alexander Mionskowski, Budapest/Leipzig: Zur Boehlendorff-Rezeption der Nachkriegszeit. Ein gesamtdeutscher Fall?
Samstag, 17. Mai
09.30—14.30
Exkursion nach Angern und Markgrafen in der Bucht von Riga, Kurland mit gemeinsamem Mittagessen.
Comentários